Intel hat die meisten CPU-Kerne in einem Prozessor

Intel-Chef Pat Gelsinger kündigt für 2024 den Serverprozessor "Sierra Forest" mit 288 E-Kernen an sowie einen Supercomputer mit 4000 Gaudi2-Beschleunigern.

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Rack-Server mit zwei Intel-Xeon-Prozessoren

Rack-Server mit zwei Intel-Xeon-Prozessoren

(Bild: c't/Christof Windeck)

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Inhaltsverzeichnis

Zum Auftakt der hauseigenen Veranstaltung Intel Innovation 2023 zog Intel-Chef Pat Gelsinger zwei Überraschungen aus dem Hut. So soll der schon seit einiger Zeit für 2024 angekündigte Serverprozessor "Sierra Forest" bis zu 288 statt wie bisher erwartet höchstens 144 Prozessorkerne haben.

Und nach Nvidias Vorbild will Intel einen KI-Supercomputer mit eigener Technik bauen, den Kunden mieten können. Für diesen Rechner mit Xeon-Prozessoren und 4000 Rechenbeschleunigern vom Typ Gaudi2 nannte Intel als Pilotkunden die Firma Stability AI, die unter anderem den Open-Source-KI-Bildgenerator Stable Diffusion entwickelt.

Pat Gelsinger steht unter enormem Druck, Intel aus der Krise zu führen, und will dazu große Versprechungen pünktlich einhalten. Mit der Strategie "five nodes in four years" – also der Einführung von fünf Generationen neuer Fertigungstechnik (Intel 7, Intel 4, Intel 3, Intel 20A, Intel 18A) innerhalb von vier Kalenderjahren – will Intel wieder an TSMC als technisch führendem Chip-(Auftrags-)Fertiger vorbeiziehen und externe Kunden für die extrem teuren neuen Chip-Fabs der Foundry-Sparte gewinnen.

"Five nodes in four years": Die Fertigungsverfahren Intel 7, Intel 4, Intel 3, Intel 20A und Intel 18A erscheinen in rascher Folge.

(Bild: Intel)

Gelsinger sieht sein Unternehmen diesbezüglich "im Plan" (on track) und belegt das mit konkret geplanten neuen Intel-Prozessoren.

Für Intel ist es besonders wichtig, die Serverprozessoren der Marke Xeon wieder in Fahrt zu bringen. Dabei bläst Gegenwind aus drei Richtungen: Die ungünstige Situation der Weltwirtschaft samt zunehmender Sanktionen gegen den Wachstumsmarkt China, der wachsende Konkurrenzdruck von AMD (Epyc) und ARM (AWS Graviton, Ampere Altra) sowie die Umschichtung der Budgets wichtiger Großkunden von Cloudservern zu KI-Maschinen.

An der Weltwirtschaft kann Gelsinger nichts ändern, aber er betont wohl bewusst die Kooperation mit dem chinesischen Kunden Alibaba Cloud und warnte kürzlich die US-Regierung vor zu starken Lieferbeschränkungen.

Intel setzt den Xeon "Sierra Forest" aus mehreren Chiplets zusammen; bei PC-Prozessoren spricht Intel lieber von "Tiles".

(Bild: Intel)

Gegen AMD will Intel mit zwei neuen Xeon-Generationen punkten: Am 14. Dezember – also ganz knapp noch im versprochenen Zeitrahmen 2023 – soll der Xeon-SP der fünften Generation Emerald Rapids starten, der im Vergleich zu dem zum Jahresbeginn vorgestellten Xeon-SP Gen 4 (Sapphire Rapids) aber wohl nur kleinere Verbesserungen bringt und ebenfalls "Intel 7" entstammt. In der zweiten Jahreshälfte 2024 folgt dann Granite Rapids aus der Fertigungstechnik "Intel 3".

Gegen vielkernige Cloudserver-Prozessoren mit ARM-Technik und den kürzlich von AMD vorgestellten Epyc 98x4 „Bergamo“ mit bis zu 128 Zen-4c-Kernen wird in der ersten Jahreshälfte 2024 Intels „Sierra Forest“ mit bis zu 288 E-Kernen antreten. Die Compute Chiplets entstammen der Fertigungstechnik "Intel 3". Schon 2025 schiebt Intel dann "Clearwater Forest" mit CPU-Chiplets samt Intel-18A-Technik nach, betonte Gelsinger.

Dieser Zeitplan ist grundsätzlich schon länger bekannt, neu ist aber die höhere Anzahl der Kerne bei Sierra Forest. Bisher hatte Intel höchstens 144 Kerne erwähnt. In der neuen Version verwendet Intel zwei Compute-Chiplets mit insgesamt 288 Kernen; in zwei weiteren Dies dürften unter anderem die Speicher-Controller sitzen.

Intels Sierra-Forest-Prozessor verwendet im Vollausbau vier Dies.

(Bild: Intel)

Der KI-Server Supermicro SuperServer SYS-820GH-TNR2 mit acht Gaudi2-Modulen.

(Bild: Supermicro)

Intel ist stolz, dass die zugekaufte Tochterfirma Habana mit ihrem Gaudi2-Rechenbeschleuniger recht gute Werte im KI-Benchmark GPT-J aus der Suite MLPerf Inference v3.1 Datacenter erzielte, den das Konsortium MLCommons betreut – übrigens unter Führung von David Kanter, der die Website realworldtech.com betreibt.

Auf Basis dieser aktuellen Benchmarkergebnisse nennt Gelsinger den Gaudi2 "die einzige realistische Alternative auf dem Markt für KI-Rechenbeschleuniger" (the only viable alternative on the market for AI compute needs). Damit meint er den Nvidia H100 "Hopper", der Nvidia derzeit Rekordeinnahmen beschert und um den sich potenzielle Käufer geradezu prügeln, weil sie hoffen, damit wiederum schneller die Konkurrenz ihre jeweiligen KI-Modelle trainieren und auf den Markt werfen zu können.

Anders ausgedrückt: Auch Intel will vom aktuellen KI-Boom profitieren und von den eigenen Produkten steht der Gaudi2 am besten da. Der Supermicro SuperServer SYS-820GH-TNR2 mit acht Gaudi2-Modulen und zwei Xeon-SP Gen3 ist mit 256 GByte RAM ab etwa 141.000 US-Dollar erhältlich, weniger als die Hälfte des Preises eines Nvidia DGX H100 mit achtmal H100.

Weitere Details zum Gaudi2-Superrechner nannte Gelsinger zunächst nicht. Konkurrent Cerebras hat kürzlich begonnen, gemeinsam mit einem Cloudanbieter aus den Vereinigten Arabischen Emiraten mehrere KI-Superrechner mit der eigenen Wafer Scale Engine 2 (WSE-2) aufzubauen. Nvidia betreibt schon seit Jahren den Selene mit A100 (der auch in den Top500 weit oben liegt) und bestückt derzeit den Eos mit 4608 H100.

Intel Data Center GPU Max alias Ponte Vecchio

(Bild: c't/Carsten Spille)

Eigentlich hat Intel einen weiteren potenten KI-Beschleuniger im Angebot, nämlich den schon im Januar präsentierten Data Center GPU Max 1550 mit 128 GByte HBM2E-RAM alias Ponte Vecchio. Doch Supermicro schreibt zum damit bestückten SYS-821GV-TNR nur lakonisch "Coming Soon". Ganz offensichtlich ist Ponte Vecchio also keine "realistische Alternative" zu derzeit verkauften KI-Beschleunigern.

Und Gelsinger selbst hatte vor einigen Monaten verkündet – also lange nach dem "Launch" von Ponte Vecchio, der auch den 2-EFlops-Supercomputer Aurora antreibt –, Gaudi3 sei für 2024 quasi auf der Zielgeraden. Denn im ersten Quartal 2023 sei das Tape-Out für die Gaudi3-Produktion mit TSMC N5 erfolgt.

Doch Intel arbeitet nach bisherigem Kenntnisstand auch an den Beschleunigern mit Xe-Technik weiter: Der eigentlich geplante "Rialto Bridge" wurde zwar beerdigt, "Falcon Shores" soll aber weiterhin 2025 kommen und angeblich 2026 sogar der Nachfolger "Falcon Shores 2".

Update

Bild zu Sierra Forest hinzugefügt.

(ciw)